Was geht bei einer Mobilmachung oder Teilmobilmachung in einem Mann vor, der eingezogen wird, um für den Irrsinn eines Despoten morden zu müssen und mit hoher Wahrscheinlichkeit dann selber umzukommen? Wie soll er reagieren?
Auch dem 1907 geborenen österreichischen Bauern und Widerstandskämpfer Franz Jägerstätter ist vor rund 80 Jahren nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich selbiges widerfahren. Das Theaterstück „Jägerstätter“ von Felix Mitterer beruht auf wahren Begebenheiten und erzählt von seiner Verweigerung des Kriegsdiensts für das Nazi-Regime und den Konsequenzen: zuerst stempelt ihn seine Umgebung zum Verräter ab und grenzt ihn aus, weil sie vor den Machthabern kuscht. Schließlich wird er verhaftet und ins Gefängnis nach Berlin verschleppt und am Ende wegen „Wehrkraftzersetzung“ im Jahre 1943 in Brandenburg an der Havel hingerichtet.
Das Stück lässt uns eintauchen in einen intensiven, gefühlvollen Theaterabend, der zu Herzen geht. Aber es ist nicht der Schrecken, der uns atemlos macht, sondern das kraftvolle und leuchtende Beispiel dieses besonderen Menschen und seiner besonderen Ehefrau Franziska. Wir erleben die große Liebe dieser beiden, ihre Menschlichkeit und ihren tiefen Glauben. Die pure Inszenierung stellt die Darsteller*innen in den Mittelpunkt und lässt das Publikum hautnah dabei sein.
In der Person des Franz Jägerstätter, ein Mensch mit all seinen Stärken und Schwächen, mit Selbstzweifeln, aber einer klaren Haltung, zeigt Mitterer, dass es möglich ist, Haltung zu bewahren und sich nicht vereinnahmen zu lassen. Hätten das alle getan vor 80 Jahren, wäre es nicht so weit gekommen. Würde überhaupt wahnsinnigen Diktatoren der Gehorsam von der Mehrzahl der Menschen verweigert, hätten diese Despoten auch keine Macht, ihre eigenen Bürger zu Verbrechen zu zwingen.
In einer Zeit, in der die Rufe nach „starken Männern“ und Forderungen nach nationalen Egoismen wieder lauter werden, thematisiert das Münchner Heldentheater mit dieser Inszenierung, in der ein einfacher Landwirt im Angesicht der Unmenschlichkeit selbstlosen Mut und Anstand zeigt, dass demokratische Werte nie selbstverständlich sind, sondern immer und immer wieder verteidigt werden müssen. Demokratie erfordert nun einmal Haltung, Charakterfestigkeit und Mut. Die stärkeren Mitmenschen sind am Ende eben doch die Demokraten.
Felix Mitterer: "Vom Weg dieses sturen Bauern, dieses mutigen Mannes, der 'Nein' sagte zu einem verbrecherischen Regime, 'Nein' sagte zu den Massenmördern, wird das Stück handeln. Und von seinen Zweifeln und Ängsten, von seinen inneren Kämpfen, und von seiner Konsequenz, die uns weniger Mutigen ein Stachel im Fleisch ist."